Rundbrief Nr. 210 –  Im  März 2024

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Leserinnen und Leser!

Tiefer Schmerz spricht aus den Sonetten, die Stefan Andres in dem Zyklus „Requiem für ein Kind“ an seine im Alter von neun Jahren verstorbene Tochter Mechthild richtet.

Das Sonett XXI aber ist der poetische Versuch, den Tod zu überwinden und Auferstehung zu feiern. Es verdient in seiner Verschmelzung von Immanenz und Transzendenz erneut gelesen zu werden.

Am Ostermorgen wars, ich sah gen Osten

Und wartete wie alles: Meer und Baum,

Die Wellen sprachen halb noch wie im Traum,

Des Lichtes junge Triebe leise sprossten.

Da stieg vom Hügel, der dem Blick sonst wehrte

Ins Licht so manches Mal, der Lerche Sang,

Wie Ankerlichten klangs, so süß und bang,

Doch ich war traurig, da das Licht sich mehrte.

Der Frauen dacht‘ ich, die zum Grabe liefen

Und ging zum Hügel hin, doch nicht geschwind.

Da wars: die Lerchen hoch wie Engel riefen!

Ich blickt empor und sahs: als eine Blüte

Die Sonne stand, dein Grab inmitten, Kind!

Ein Ostermorgen wars – voll Licht und Güte!

Für die Stefan-Andres-Gesellschaft

mit den besten Wünschen zum Osterfest

Ihr

Wolfgang Keil

Anhang: Mitgliederversammlung u. Präsidentschaft

Rundbrief Nr. 208 – Im Januar 2024

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Leserinnen und Leser!

Der am 11. Januar 1947 im „Badener Tagblatt“ erschienene Artikel „Stefan Andres. Der moselländische Dichter“ ist das Elogium eines Journalisten auf den von ihm geschätzten Schriftsteller, den er in Venedig als Mensch und Freund erlebte. (Anhang) Andres machte für eine kleine Gruppe den ortskundigen Cicerone in der Lagunenstadt, die ihm seit seinem Aufenthalt während der Biennale im Herbst 1941 vertraut war.

Damals kam es in der Serenissima zu einem Zwischenfall, dessen bedrohliche Auswirkung Andres über Jahre hinweg fürchten musste. Er hatte sich in Anwesenheit eines Vertreters des Propagandaministeriums angesichts des deutschen Angriffs auf Leningrad zu der brisanten prophetischen Äußerung hinreißen lassen, die uns von Dorothee Andres in ihrem Erinnerungsbuch „Carpe Diem“ mit den folgenden Worten überliefert ist: „Bekanntlich bleibe kein Stein, den man gegen den Himmel werfe, in der Luft, sondern fiele naturgemäß zur Erde zurück. Und so würden eines Tages mit Gewissheit alle Bomben , die jetzt gerade in Russland auf Frauen und Kinder fielen, zurückfallen auf die deutschen Frauen und Kinder.“

Wie sehr Andres damals unter der Gefahr der drohenden Verhaftung litt, wird daran deutlich, dass er dem intriganten Zuträger des Propagandaministeriums noch nach Kriegsende einen eigenen fiktionalen Brief widmete mit der Apostrophierung: „… an Sie, den gehobenen Denunzianten …“. (Süddeutsche Zeitung vom 15. August 1946) – Vor diesem Hintergrund gewinnt die lakonische Bemerkung des Tagblatt-Journalisten an Gewicht: „Er mochte die Nazis nun einmal nicht!“

Für die Stefan-Andres-Gesellschaft mit freundlichen Grüßen

Ihr

Wolfgang Keil

Anhang: Rundbrief Nr. 208

Rundbrief Nr. 206 – Im November 2023 (2)

                                                                                                                                                                        

Einladung

Die Stefan-Andres-Gesellschaft lädt ein zum diesjährigen Geselligen Abend

„Literatur und Weinkultur“

für Samstag, den 2. Dezember, 19.00 Uhr,

Seminarraum des Niederprümer Hofs in Schweich.

„Nicht nur im Wein ist Wahrheit“

lautet das Thema, das Stefan Andres in mannigfaltigen ernsten und heiteren Varianten bearbeitet.

In einem Essay verdeutlicht Andres, dass der Schriftsteller es vermeiden muss, „programmatische Wahrheit zur Schau zu stellen“, in der Absicht „die Welt durch sein Werk zu verändern“. Vielmehr sollte er einen „Zustand der aktiven Meditation“ intendieren, „aus dem der Gestalter und der das Werk erlebende Geist geformter, geläuterter und heiterer oder doch gefasster hervorgehen“. (Schwierigkeiten, heute die Wahrheit zu schreiben, 1964)

In szenischen Lesungen der Rezitatoren (E. Cannivé-Boesten, E. Lauströer, C. Schött, M. Frede, P. Kruse) wird sich zeigen, wie zurückhaltend und sorgfältig verhüllt Stefan Andres „seine Wahrheit“ vermittelt in den Erzählungen Ein Missverständnis, Der König im Gedränge, Die alte Babe.

Horst Lachmund (Trier) und Emil Angel (Mondercange, Lux.) werden sich in selbstverfassten Beiträgen dem Thema annähern.

Zuvor wird ihnen für ihre Verdienste um das Werk von Stefan Andres die Ehrenmitgliedschaft der Stefan-Andres-Gesellschaft verliehen.

Die Lesungen sind eingebettet in eine Weinprobe des Schweicher Winzers Gerd Rohr vom Weingut Masteiner Hof. – Für die musikalische Untermalung wird Norbert Olk sorgen.

Der Eintritt ist frei. Bitte um Anmeldung bei:

andrekastner60@gmail.com – Tel.: 06502/937648

wokeil40@t-online.de – Tel.: 0651/67177.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Für die Stefan-Andres-Gesellschaft mit freundlichen Grüßen

Ihr Wolfgang Keil

Rundbrief Nr. 204 – Im Oktober 2023

 Stefan-Andres-Gesellschaft                               1. Oktober 2023

Einladung zur Mitgliederversammlung der Stefan-Andres-Gesellschaft e.V.                                                                                                                              

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir laden Sie herzlich ein zur  

Mitgliederversammlung

                                                           mit Neuwahl des Vorstandes

am 28. Oktober (Sa), um 15.00 Uhr, im Niederprümer Hof, Schweich.

Tagesordnung:

1   Begrüßung

2   Tätigkeits- und Archivbericht

3   Finanz- und Kassenprüfungsbericht

4   Aussprache

5   Entlastung des Vorstandes

6   Neuwahl des Vorstandes

7   Verschiedenes

Lesung aus Werken von Stefan Andres

Wenn Sie am gemeinsamen Abendessen im Hotel zur Linde in Longuich teilnehmen möchten, lassen Sie uns das bitte wissen bis zum 15. Oktober.

Kontakt: Wolfgang Keil, Tel. 0651/67177, wokeil40@t-online.de

André Kastner, Tel. 06502/937648, andrekastner60@gmail.com

                          Gäste sind willkommen. – Wir freuen uns auf Ihr Erscheinen!

gez. Wolfgang Keil                                                                    gez. Elisabeth Cannivé-Boesten

Rundbrief Nr. 202 – Im August 2023

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Leserinnen und Leser!

Der luxemburgische Schriftsteller Emil Angel erhält in diesem Jahr den Stefan-Andres-Preis der Stadt Schweich für seine meist zweisprachigen (lëtzebuergesch/deutsch) literarischen Arbeiten in der Form von Romanen, Erzählungen, Glossen, Reiseberichten etc.

   In dem Erzählband „… ihr Bilder, die längst ich vergessen geglaubt!“ Eine Kindheit im Luxemburg der Nachkriegszeit.“ entfaltet Emil Angel ein literarisches Alltagspanorama in einem Episodenreigen, der den Vergleich mit Stefan Andres‘ Erinnerungsroman „Der Knabe im Brunnen“ nahelegt.

    Aktuelle Alltagseindrücke verarbeitet Emil Angel in seinen zahlreichen zweisprachigen Glossen. Deren Pointen sind in ihrer geschliffenen Spitzigkeit und listigen Krümmung so typisch für den Autor Angel, dass man sie füglich als Angel-Haken bezeichnen könnte.

   Dafür im Anhang ein Beispiel mit dem Hebriden-Schauplatz Uig.

Für die Stefan-Andres-Gesellschaft mit freundlichen Grüßen

Ihr

Wolfgang Keil

PS.: Zeit und Ort der Preisverleihungsfeier werden noch bekanntgegeben.

Anhang: Rundbrief Nr. 202

Rundbrief Nr. 201 – Im Juli 2023

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Leserinnen und Leser!

Die LiteraTour der StAG zu Andres-Schauplätzen und zur Grimburg führte auch nach Beuren, dem Geburtsort der Mutter des Schriftstellers. Das war Anlass zum Vortrag einer dort spielenden Episode aus dem Erinnerungsroman „Der Knabe im Brunnen“ (1953).

Darin schildert Stefan Andres, wie der siebenjährige Steff seiner älteren Base dadurch zu imponieren versucht, dass er ihr allerlei skurrile Unwahrscheinlichkeiten auftischt. Mit der Erfindung des Messdiener-Steff überschreitet er jedoch gleich zu Anfang die Grenze der Glaubwürdigkeit. (Anhang)

Angesichts der kaum zu zähmenden Tendenz zur fabulierenden Veränderung der Welt wird man weder den erfinderischen Steff noch seinen ähnlich veranlagten Schöpfer Stefan im poesiefeindlichen „Staat“ des politisch-philosophischen Architekten Platon antreffen, denn dieser zeiht die Dichter generell der Beschwörung einer trügerischen Welt aus Schatten von Schatten.

Vielleicht hätte Platon die Erzähler Steff und Stefan nicht gänzlich aus seinem Idealreich verbannt, aber der strenge Philosoph hätte die beiden aus moralisch-erzieherischen Gründen sicher unter strenge Bewachung gestellt mit den Worten, die er schon gegen die großen mythischen Dichter Homer und Hesiod gerichtet hat:

„… von Homer an ahmen alle Dichter nur ein Scheinbild der Vollkommenheit und der übrigen Dinge nach, über die sie dichten, erfassen aber die Wahrheit nicht.“

„Indessen haben wir noch nicht die größte Anklage gegen die Dichtung vorgebracht! Dass sie die Kraft hat, auch vortreffliche Menschen zu schädigen – mit wenigen Ausnahmen –, das ist wohl furchtbar!“

In einem Staat, in dem „von allen Dichtungen allein die Hymnen auf die Götter und die Loblieder auf gute Menschen“ zugelassen sind, würde also selbst der kleine Steff unter Kuratel gestellt werden gemäß der Anweisung Platons: „Fürs erste müssen wir die Märchendichter bewachen.“ 

Da wäre es doch besser, man lebte jenseits dieses puritanischen Gemeinwesens in der Verbannung, wo man die poetische Mélange von Fakt, Fiktion und Flunkerei genießen darf.

Für die Stefan Andres-Gesellschaft mit freundlichen Grüßen

Ihr

Wolfgang Keil

Anhang: Vom Messdienerlatein zum singenden Adler