Rundbrief Nr. 208 – Im Januar 2024

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Leserinnen und Leser!

Der am 11. Januar 1947 im „Badener Tagblatt“ erschienene Artikel „Stefan Andres. Der moselländische Dichter“ ist das Elogium eines Journalisten auf den von ihm geschätzten Schriftsteller, den er in Venedig als Mensch und Freund erlebte. (Anhang) Andres machte für eine kleine Gruppe den ortskundigen Cicerone in der Lagunenstadt, die ihm seit seinem Aufenthalt während der Biennale im Herbst 1941 vertraut war.

Damals kam es in der Serenissima zu einem Zwischenfall, dessen bedrohliche Auswirkung Andres über Jahre hinweg fürchten musste. Er hatte sich in Anwesenheit eines Vertreters des Propagandaministeriums angesichts des deutschen Angriffs auf Leningrad zu der brisanten prophetischen Äußerung hinreißen lassen, die uns von Dorothee Andres in ihrem Erinnerungsbuch „Carpe Diem“ mit den folgenden Worten überliefert ist: „Bekanntlich bleibe kein Stein, den man gegen den Himmel werfe, in der Luft, sondern fiele naturgemäß zur Erde zurück. Und so würden eines Tages mit Gewissheit alle Bomben , die jetzt gerade in Russland auf Frauen und Kinder fielen, zurückfallen auf die deutschen Frauen und Kinder.“

Wie sehr Andres damals unter der Gefahr der drohenden Verhaftung litt, wird daran deutlich, dass er dem intriganten Zuträger des Propagandaministeriums noch nach Kriegsende einen eigenen fiktionalen Brief widmete mit der Apostrophierung: „… an Sie, den gehobenen Denunzianten …“. (Süddeutsche Zeitung vom 15. August 1946) – Vor diesem Hintergrund gewinnt die lakonische Bemerkung des Tagblatt-Journalisten an Gewicht: „Er mochte die Nazis nun einmal nicht!“

Für die Stefan-Andres-Gesellschaft mit freundlichen Grüßen

Ihr

Wolfgang Keil

Anhang: Rundbrief Nr. 208