Rundbrief Nr. 196 – Im März 2023

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Leserinnen und Leser!

Wie zum Osterfest die Heilige Familie nach Jerusalem pilgerte, schildert Stefan Andres sehr eindrücklich in der Episode „Der Knabe Jesus im Tempel“ seiner Nachgestaltung der Heiligen Schrift:

                            „Die Biblische Geschichte. Erzählt von Stefan Andres“ (1965).

Die Andres-Version ist für den theologischen Laien gedacht. Deshalb nähert der Romancier Andres die biblische Textfolge dem sog. „roman fleuve“ an, der inhaltliche Anschaulichkeit und psychologische Stimmigkeit in einer Breite vermittelt, die oft weit über das Original hinausreicht.

So übersteigt z. B. der Umfang der Schilderung von Jesu Tempelbesuch bei Andres die Darstellung des Evangelisten Lukas (2,41-2,52) um das etwa Dreifache, sodass das Wunderbare in ein glaubwürdiges Realgeschehen eingebettet erscheint.

Im Nachwort schreibt Andres: „In der Auswahl des Stoffes ließ ich mich bestimmen allein von der Absicht, die Gestalt Jesu – gewissermaßen sein Gesicht – den Menschen meiner Zeit nahezubringen und seine Lehre, rücksichtslos und von aller (auch sakraler)  Mundart befreit, auf den Markt zu bringen.“

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Vor religiös-geheimnisvollem Hintergrund, wie an dem Nimbus des Jesusknaben erkennbar, spielt auch die sonst naiv-realistisch gestaltete Tempelszene in der Kopie eines Gemäldes des „Nazareners“ Heinrich Hofmann, die der Schweicher Kirchenmaler Nikolaus Heiderich (1874-1928) angefertigt hat. 

Da fügt es sich, dass die Heiderich-Erbin M. R. Baechler im Januar 2023 die StAG mit einer Schenkung bedacht hat, die neben einem Original des Kirchenmalers die erwähnte Nachgestaltung beinhaltet, die jetzt im StA-Museum zu sehen ist.

Diese religiös bedingte Text-Bild-Beziehung ist eine zwar schmale, aber doch einladende Brücke zwischen den Werken von Stefan Andres und Nikolaus Heiderich.

Eine ähnliche Verbindung ergibt sich von  dem in der Andres-Novelle „Der Abbruch ins Dunkle“ geschilderten Brand der alten Schweicher Kirche zur Ausmalung der neuen Pfarrkirche im Jahre 1906 durch N. Heiderich.

Für die Stefan-Andres-Gesellschaft

                                              mit den besten Grüßen zum Osterfest!

Ihr

Wolfgang Keil

Anhang: Rundbrief Nr. 196