Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Leserinnen und Leser!
In seiner Studie Moses der Ägypter (1998) weist Jan Assmann den altägyptischen Prozessionsfesten einen für Mensch und Staat gleicherweise unersetzlichen Erlebnis- und Sozialwert zu. Nach Ansicht des Ägyptologen gewährte das feierliche Umzugsritual einen existenziellen Sinnrahmen, weil es die Zugehörigkeit des Menschen zu seiner jeweiligen Stadtgottheit, die nur bei dieser Gelegenheit aus ihrem dunklen Tempel heraustrat, für das Volk erlebbar machte.
Eine ähnliche Bedeutung schreibt auch Stefan Andres dem „seltsam irdischen Glauben der alten Ägypter“ zu. Wie er in seinem Reisebericht Ägyptisches Tagebuch (1967) vermerkt, sind die Götterprozessionen der Grabgemälde mythischer Ausdruck der Göttergegenwart.
Der Schriftsteller zeigt sich angezogen von dem dort propagierten freundlichen Umgang der Gottheiten miteinander und der damit einhergehenden Vorstellung einer mystischen Vermählung „irdischer und jenseitiger Welt“. Es ist die durch „zwei sich gegenseitig spiegelnde Wirklichkeiten“ bewirkte All-Einheit, der er auch in seiner positanesischen Impression Das Fest der Fischer (1938) Ausdruck verliehen hat.
Für die Stefan-Andres-Gesellschaft mit freundlichen Grüßen
Ihr
Wolfgang Keil
Anhang: Erlebtes Jenseits